Worum geht es?
Der VEMAS 2.0-Interview für Menschen mit Behinderungen ermöglicht es, die Sicht der fokussierten Person selbst auf ihr gezeigtes Verhalten sowie mögliche Gründe dafür zu erfahren. In dem Interview werden erste Vorschläge für neue Handlungsoptionen von der Person selbst formuliert.
Was ist das Ziel?
In diesem Interview setzt sich die Person als Expertin ihrer selbst und ihres Verhaltens mit sich, dem sozialen Umfeld, den Umfeldfaktoren und ihrem Verhalten auseinander. Ziel ist es, die subjektive Wahrnehmung der betroffenen Person über ihr eigenes Verhalten zur Sprache zu bringen.
Was sind die Inhalte?
Ein gelingendes Interview zum eigenen Verhalten zu führen ist sehr voraussetzungsvoll, denn einerseits soll das eigene Verhalten reflektiert und beschrieben werden und andererseits geht es auch darum, die Ursachen zu ergründen und sprachlich zu veräußern.
Gerade für den Personenkreis, dem einerseits eine kognitive Beeinträchtigung zugesprochen und der andererseits selten "zu sich selbst" befragt wird, ist dieses Vorgehen sehr ungewöhnlich.
Aus diesem Grund fordert das Interview auf der Seite der Fragenden methodische Zugänge auf mehreren Ebenen:
- Es ist notwendig, sich durch eine fachlich fundierte und multiperspektivische Fragetechnik dem Thema Sinnhaftigkeit des Verhaltens zu nähern. So können narrative und szenische Elemente (nicht nur, aber auch) aus den Beobachtungen mit die Fragen aufgenommen werden, damit über das Hineinversetzen in bestimmte Situationen dort empfundene Emotionen geäußert werden können.
- Zudem können spezifische Verhaltensweisen – ebenfalls aus den Beobachtungen – aufgegriffen werden, um Erkenntnisse über das Verhalten zu erlangen.
- Emotional besetzte Gegenstände, die in den Situationen, in denen das auffällige Verhalten gezeigt wird (oder danach) eine Rolle spielen, können hilfreich sein.
- Da der Mensch ein leibliches Wesen ist, gilt es in diesen Interviews auch der sinnlichen Wahrnehmung (Hören, Spüren usw.) Beachtung zu schenken. Bspw. kann das Kämmen von Haaren bei einigen Menschen Schmerz verursachen. Entsprechend kann es bei dieser Tätigkeit zu auffälligen Verhaltensweisen kommen. Mit Leiblichkeit ist auch der leibliche Ausdruck gemeint. Atmet eine Person vor einer Krise bspw. besonders schnell, so kann es helfen, der Bedeutung dieses Atmens nachzugehen.
- Von Relevanz ist auch die fragende Person. Dabei wird davon ausgegangen, dass in der Regel möglichst eine Vertrauensperson das Interview durchführen sollte.
- Besondere Beachtung muss bei diesem Interview der Kommunikation geschenkt werden. Viele Menschen mit kognitiver und/oder komplexen Behinderung(en) sind in ihren lautsprachlichen Äußerungen eingeschränkt. Entsprechend ist der Fragebogen auf mehreren sprachlichen Ebenen und unter Berücksichtigung der folgenden Methoden der Unterstützten Kommunikation (UK) verfasst worden: verständlicher Sprache, leichter Sprache und Gebärdenunterstützung, Symbole und Piktogramme und Anregungen zum Arbeiten mit materiellen Gegenständen (z.B. Figuren zum Nachstellen von bestimmten Situationen).