Worum geht es?
Das VEMAS 2.0-Interview für das soziale Umfeld dient dazu, die Perspektiven und Sichtweisen des (sozialen) Umfeldes auf die Person und ihr auffälliges Verhalten zu erheben sowie (vermutete) Gründe und Annahmen herauszuarbeiten. In dem Interview werden erste Vorschläge für neue Handlungsoptionen von dem sozialen Umfeld formuliert.
Was ist das Ziel?
In dem VEMAS 2.0-Interview für das soziale Umfeld setzt sich das soziale Umfeld (Fachkräfte, Busfahrer*in, Ärzt*innen, Familienangehörige, gesetzliche Betreuer*innen, usw.) der betroffenen Personen grundlegend mit der von ihnen als verhaltensauffällig wahrgenommenen Person und deren Verhaltensweisen auseinander.
Dabei soll das soziale Umfeld auch weitere Perspektiven auf die vermuteten Gründe des auffälligen Verhaltens eröffnen. Konkret sollen unterschiedliche Personen aus Pädagogik (aber auch Medizin, Psychologie), mittelbare (Köch*innen, Busfahrer*innen, usw.) sowie unmittelbare Bezugspersonen (wie Eltern, Geschwister oder Freunde) befragt werden.
Das VEMAS 2.0-Interview für das soziale Umfeld ist von besonderer Bedeutung
- … weil das soziale Umfeld (maßgeblichen) Einfluss auf die fokussierte Person und das alltägliche Leben und Erleben der betroffenen Personen hat.
- … weil Menschen aus dem sozialen Umfeld unterschiedliche Perspektiven auf die fokussierte Person und ihr Verhalten haben, die hier eingefangen und zusammengeführt werden können.
- … weil das soziale Umfeld das Verhalten als auffällig markiert, weshalb es unabdingbar ist, die konkreten Zuschreibungskriterien (warum das Verhalten als auffällig wahrgenommen wird) zu erheben.
Das Interview ist als Reflexionsgespräch mit eher narrativen Ansätzen angelegt. Durch die v.a. freien Erzählungen der Befragten zu spezifischen Reflexionsfeldern sollen auch neue Perspektiven (Blicke) auf den Menschen und sein Verhalten gewonnen und für die Deutung vermuteter Gründe genutzt werden.
Was sind die Inhalte?
Reflexionsfragen in Bezug auf die auffälligen Verhaltensweisen:
- Warum wird dieses als auffällig wahrgenommen?
- Was könnte die betroffene Person damit "sagen/ausdrücken" wollen?
- Inwieweit ist das Umfeld Teil der auffälligen Handlung (Stichwort: „soziale Interaktion“)?
- Welcher "Mehrwert" könnte mit dem Verhalten verbunden sein?
- Welche Bedürfnisse werden damit ggf. befriedigt?
- Warum könnte dieses Verhalten für die Person sinnvoll sein?
Reflexionsfragen hinsichtlich möglicher mit dem auffälligen Verhalten verbundener Sanktionen und Praktiken der sozialen Exklusion (z.B. Raumverweis):
Dieser Reflexionsblock wird verbunden mit der Frage, was diese Sanktionen/Exklusionspraktiken bewirken sollen, um die dahinterstehenden Ziele aufzudecken und sodann kritisch zu hinterfragen.
Reflexionsfragen in Bezug auf das soziale, räumliche wie institutionelle Umfeld:
Da Verhalten immer kontextabhängig ist, wird hier das auffällige Verhalten im Kontext des Umfeldes reflektiert, um mögliche Bezüge herauszuarbeiten.
Reflexionsfragen hinsichtlich des Entwicklungspotenzials der auffälligen Verhaltensweisen:
Es wird danach gefragt, welche Kompetenzen sich in den Verhaltensauffälligkeiten zeigen, um Fähigkeiten/Kompetenzen aufzudecken (bspw. Kraft, Geschwindigkeit, Musikalität usw.), die positive Ansatzpunkte zur weiteren Befähigung bieten könnten (z.B. Bei Musikalität die Ermöglichung in einem Chor mitzusingen).
Reflexionsfragen in Bezug auf Möglichkeiten der sozialen Inklusion und Teilhabe:
In diesem letzten Reflexionsblock werden die Antworten der ersten Blöcke nochmals reflektiert, um vor diesem Hintergrund konkrete Möglichkeiten der sozialen Inklusion und Teilhabe zu formulieren.
Alle Reflexionsfragen sollen dem sozialen Umfeld ermöglichen, einerseits fokussiert die positiven Anteile des auffälligen Verhaltens wahrzunehmen und andererseits die Ziele der sozialen Inklusion in den Blick zu nehmen.