Biographiearbeit

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Biographiearbeit

VEMAS 2.0-Biographiearbeit

Worum geht es?

Menschen mit Behinderungen werden oft nur in der Gegenwart und mit Fokus auf ihre Diagnosen wahrgenommen. Vergangenheit und Zukunft werden häufig ausgeklammert. Mit der VEMAS 2.0-Biographiearbeit soll die Suchbewegung in die Vergangenheit gerichtet werden, um einerseits mögliche Erklärungsansätze für das auffälligen Verhalten zu erschließen und andererseits um (vergessene) Handlungsoptionen ggf. (neu) zu entdecken. 

Viele Menschen mit Behinderungen haben in ihrem Leben bereits Erfahrung mit Ablehnung und Verlust gemacht. Sie können davon profitieren, schwierige Erinnerungen an ihre Lebensgeschichte zu teilen und in einem geschützten Rahmen aufzuarbeiten.

Was ist das Ziel?

Biographische Rekonstruktion und Biographiearbeit haben in den letzten Jahren in der Bildungsarbeit an Bedeutung gewonnen. Sie stellen die lebensgeschichtliche Gewordenheit des einzelnen Menschen in den Mittelpunkt: Seine Erfahrungen und Erlebnisse werden für einen kürzeren oder längeren Zeitraum herausgehoben. Sie können die verlorengegangene Wertschätzung bewusst machen, die die Gesellschaft nicht oder nicht ausreichend (ge-)leistet (hat) und machen darauf aufmerksam, dass das Leben und das Schicksal des Einzelnen einen eigenen Wert haben. 

Biographiearbeit kann zu einem besseren Verständnis des sozialen Umfeldes und zu einer stärkeren Akzeptanz und Anerkennung einer Person führen, sie nutzt aber auch der Selbsterkenntnis und dem Selbstverständnis des betroffenen Menschen selbst und eröffnet neue Wege der Selbstthematisierung, stärkt das Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl und fördert die Entfaltung bislang vernachlässigter oder zurückgestellter Vorlieben und Interessen. 

In der Biographiearbeit geht es darum, den roten Faden des eigenen Lebens zu erkennen. Biographische Rekonstruktion und Biographiearbeit gelingen, wenn sich das Hauptaugenmerk des Umfeldes auf die Mitteilungswünsche und Erfahrungen des betroffenen Menschen richtet. 

Sie stellt einen methodischen Rahmen zur Verfügung, mit dem die sozialen Gesetzmäßigkeiten individueller Biographien entdeckt und elaboriert werden können. Insofern diese allgemeingültigen Charakter haben, kann sie somit auch zur Entlastung des Einzelnen beitragen. Biographiearbeit erfüllt drei Aufgaben: 

  • Blick in die Vergangenheit 
  • Blick in die Gegenwart 
  • Blick in die Zukunft.

Durch das Bewusstsein der Vergangenheit kann sich der Blick für die Zukunft öffnen. 

Rückblickend werden Lebenserfahrungen geordnet und ihnen Bedeutung zugeschrieben. Fremdbestimmte und selbstverantwortete Strukturen werden deutlich, die sonst selten wahrgenommen werden. Der Sinn des Lebens kann sich an den vorhandenen Lebensmöglichkeiten orientieren. 

Was sind die Inhalte?

Biographiearbeit ist Arbeit an und mit den Lebensspuren der Menschen. Dabei geht es nicht so sehr um die objektive Realität eines Lebenslaufs, sondern um das Erinnern (wie nimmt der Mensch selbst seine Vergangenheit wahr) und die retrospektive Sinngebung. 

Aus diesem Grund bleiben biographische Rekonstruktionen und Biographiearbeit stets bis zu einem gewissen Grad fragmentarisch. Die erzählende Person entscheidet selbst, was sie preisgibt und sie deutet ihr Leben, wie sie ihr Leben deutet. Daher ist weder Widerspruch noch Korrektur notwendig. Gemeinschaft entsteht, wenn der/die Einzelne ernst genommen wird. 

Die unterschiedlichen Lebensalter und Erfahrungsfelder können zur Versöhnung mit fremden Welten und der gegenseitigen Anerkennung von Erfahrungskompetenz beitragen. Biographiearbeit ist ganzheitlich: Sie enthält die individuelle Ebene (Lebensgeschichte, Erfahrungen, Begebenheiten, Erlebnisse, tiefenpsychologische Deutungen) und die gesellschaftliche Ebene (soziale Strukturen, gesellschaftliche Ereignisse, die Lebenschancen bedingen und Biographie beeinflussen). D.h. zusammengefasst: Biographische Rekonstruktion und Biographiearbeit orientieren sich an der Lebenswelt des betroffenen Menschen und sind darauf ausgelegt, ihre jeweils spezifischen Sichtweisen und Interessenlagen zu erkunden.

Die Biographiearbeit kann in diesem Sinne auch als Methode der Lebensweltanalyse verstanden werden. Biographiearbeit ist Arbeit an und mit zeitlichen Veränderungen. Die Einblicke in die Biographie des Menschen ermöglichen einen verstehenden Zugang zu dem Menschen und ggf. zu auffälligen Verhaltensweisen. Sie lassen etwas von dem Menschen zum Vor-schein treten („den Menschen sehen“!). 

Durch die VEMAS 2.0-Biographiearbeit bieten sich Ansatzpunkte für Veränderungen (Handlungsalternativen) und Ansatzpunkte für das soziale Umfeld, an Geschichten, Vorlieben und Interessen anzuknüpfen, um darauf aufbauend mehr Teilhabe und soziale Inklusion zu ermöglichen.

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